Text und Bilder von Jürk Langer
Nach den Osterferien begann für die zehnte Klasse das Feldmesspraktikum. Die Aufgabe war ein Stück Land zu vermessen und eine exakte Karte davon zu zeichnen. Dieses Jahr von einem Wäldchen bei Münchhöf. Durch dieses schlängelt sich der Eschbach und es wird von Wiesen, Äckern und zwei Waldwegen begrenzt. Die Karte ist ein wichtiges Endprodukt, auf das die Schüler hinarbeiten, das eigentliche Ziel aber ist der Weg dahin. Das große Thema dieses Lebensalters ist die Ausbildung der Urteilsfähigkeit. Jetzt formt sich die Sicht der Heranwachsenden auf “die Welt“ und in dieser Epoche machen sich die Schüler und Schülerinnen ganz konkret und Schritt für Schritt ein immer genaueres Bild eines Ausschnitts dieser Welt. Angefangen mit einem ersten Bild aus dem Gedächtnis nach der Besichtigung, über ein schon genaueres nach der groben Messung mit dem eigenen Körper bis zu einem, mit der Wirklichkeit übereinstimmenden nach den exakten Messungen mit den Instrumenten.
Das Feldmessen bietet hier eine hervorragende Möglichkeit, die eigene subjektive Wahrnehmung an einer objektiven Wirklichkeit zu korrigieren und dies nicht über den Verstand, sondern in einem erlebten Prozess, in dem die Realität selber korrigiert. Der Lehrer weiß auch nie mehr als die Schüler/innen, die Werte und Ergebnisse gibt es vorher ja noch nicht.
Wie im wirklichen Leben wird es umso mühsamer je kleiner die “Fehler“ dabei werden. Damit die Schüler ihre Fehler finden können braucht es eine klare Struktur mit sauber geführten Formularen und einem disziplinierten, nachvollziehbaren Vorgehen. Spätestens beim Suchen der letzten Fehler erleben sie sehr deutlich wozu so eine Methode gut ist und wie viel Arbeit es letztlich macht, aus Bequemlichkeit einfach eine passende Zahl in das Formular zu schreiben.
Die Zehntklässler erweitern sich aber nicht nur das Bild von ihrer räumlichen Umgebung, sondern, im Zusammenarbeiten, auch ihr Bild von sich und ihren Mitschülern. Sie sind in fünf Gruppen für die Messungen in je einem Teilgebiet verantwortlich und dabei auf Ergebnisse anderer Gruppen angewiesen. Innerhalb der Gruppen können sie die Aufgaben ebenfalls nur miteinander bewältigen. Dafür müssen sie aus ihrer Schülerrolle etwas heraustreten und Verantwortung übernehmen für die Gruppe und für das Ergebnis.
Wichtig ist auch der Aspekt des Draußen-Seins, ein nicht mehr selbstverständliches Erlebnis. In den ersten zwei Wochen muss das Messen gelernt werden und alle Werte und Skizzen stimmen. Die Schüler/innen sind dafür von 9 Uhr bis 16 Uhr auf dem Feld, unabhängig davon, wie das Wetter ist. Gemeinsam sorgen wir also dafür, dass wir zuerst einmal einen Schutz vor dem Wetter haben und dass es immer Feuer gibt. Jeder schaut, was er für Kälte, Regen oder Hitze braucht, wie er damit umgeht und wie er sich auch sonst versorgt.
Dieses Jahr kam zum Regen leider noch die Kälte und das hat alle Beteiligten – Lehrer, Schüler und Eltern – ganz schön herausgefordert. Dass diese Epoche für die Schüler zu einer vor allem positiven Erfahrung werden konnte, ist nicht zuletzt der Unterstützung der Eltern im Hintergrund zu verdanken. Ich bin stolz auf die 10. Klasse, auf ihre guten Ergebnisse und auf ihr beherztes Umgehen mit den ungünstigen Bedingungen.